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Unikum
Gastkritik von Manfred Ludewig


Jan Delay scheint ein Unikum der deutschsprachigen Musik zu sein. In regelmäßigen Abständen, sei es nun mit der Wiederverwertung alter Nena-Klassiker im Reggae-Style, oder in seinen zahlreichen Appearances als Gast in allerlei angesagten Hip-Hop und Rap-Combos der Szene hierzulande, versteht dieser Mann aus Hamburg zu überraschen.

Das letzte "Beginners" Album ist schon eine Weile her und mit "Searching for the Jan Soul Rebels" hat Mr. Delay ein feines Dancehall Reggae-Debut abgeliefert.
Reggae scheint eh eines der festen musikalischen Bestandteile des durch seinen Nasalgesang herausstechenden Rappers zu sein. Auch die zum Teil politisch und sozialkritisch inspirierten Texte passten gut zu dieser Musik und Ihrer Botschaft.

Nach bereits erwähntem Reggae-Album plagte ihn wohl die Langeweile. Durch eine Vorliebe für alte Scheiben von den "Meters" und anderen Funk-Giganten fühlte er sich inspiriert, etwas in dieser Richtung anzugehen. Mit 2 Jahren Zeit in der Tasche bis zum nächsten Album, machte er sich ans Werk.

Eine Funk-Platte sollte es diesmal werden, mit allem Schnick und Schnack, so wie es sich gehört, denn Halbherzigkeit wollte er sich wohl nicht nachsagen lassen. Wer sich übernimmt kann auch scheitern. Bei Kuttner/MTV gab er noch zu Protokoll, das ihn diese Platte den Verstand gekostet hätte und die Sache fast im Eimer gelandet wäre. Scheitern und musikalische Sackgassen gehören beim Kreativ sein wohl dazu, speziell wenn die gewählte Sparte eine der Königsdisziplinen der populären Musik in punkto Arrangement und Komposition darstellt.

Die Arrangements wurden dann auch schön groß angelegt, woraus die mit Gitarre Bass, Trompete, Posaune, Saxophon, Keyboards, 3x Background und natürlich Drums, üppige Bandbesetzung resultiert.

Das Intro des Longplayers führt zuerst auf eine falsche, elektronische Sound-Fährte. Gegen Track-Ende grooved es dann los und man hört zum ersten mal die komplette Band wie aus dem Ü-Ei gepellt in feinster, druckvoller Funkmanier. Wer sich entscheidet, diese Album durchlaufen zu lassen, wird belohnt. Texte mitlesen macht ebenfalls Sinn, um eben diesen zu erfassen.

Im weiteren Verlauf des Albums merkt man, das Herr Delay sich teilweise schwer getan haben muss den Funk traditionell und pur auf die Scheibe zu bannen.- Durchaus verständlich, denn Innovation ist schwer in diesem Bereich. Häufig reihen sich die Klischees und Phrasen nur so aneinander, in diesem bereits viel bespielten Genre.

Ein wenig Soul und auch rockendes Gewürz (z.B. auf Feuer), sowie Elektrobässe und Synths haben aber die nötige Abwechslung verschafft, ohne den Funky-Flow zu verlieren. Mit "Raveheart" hat er ein Tanzflächenfüllendes, coolstens dahingroovendes Disco-Monster erschaffen, das sich als Single eignen würde.

Als spezielle Spezial-Beilage gibt es beim letzten Track "Im Arsch" einen Gastauftritt vom möglicherweise im Sonderzug aus Sonst-wo angereisten Udo Lindenberg. Hier haben sich zwei nasal klingende Poeten gefunden, um Generationsübergreifend Endzeitgefühle zu erörtern. Das Ergebnis der Symbiose ist neudeutsche Hip-Hop Lyrik mit starken denglisch Einschlägen und guter altdeutscher Lindenberg "alles Klar" Poesie.

Zur Band und Ihrem Sound kann man nur gratulieren : Jost Nickel, dem ein oder anderen sicherlich durch die Band "Matalex" bekannt, ist ein Meister. Loomis Green an der Gitarre ist ebenfalls sehr funky und groovy, der Bläsersatz spielt gestochen scharf und die Mädels vom Chor lassen keine Wünsche offen. Sonia Singh, die letztjährig aus dem Popstars-Casting ausschied, gibt auch hier eine wesentlich bessere Figur ab, als es bei Nu-Pagadingsbums je hätte werden können.


Auch der im Funk eine Zentrale Rolle spielende Bass wurde perfekt bedient. Überraschend ist der Instrumental-Track "Gasthaus zum lachenden Stalin", auf dem die Band sehr schön ein funkiges Liedchen zum besten gibt, das sicherlich live durch allerhand Solo-Einlagen austaffiert werden könnte. Die Tanzbarkeit dieser Platte ist absolut gegeben. Sneaks zu allen Songs gibt es auf der Website zum Album (www.mercedes-dance.de)


"Jan Delay: Mercedes Dance" (Universal)
ist ein Gast-Beitrag von Manfred Ludewig.
© Manfred Ludewig, Januar 2007

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