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Grellbunte Revue

 

Dánjal á Neystabø stammt von den Färöer-Inseln. Man kennt die Nordmeer-Inseln als gefährlichen Fußball-"Zwerg" aus diversen Qualifikationsrunden, und als musikalische Heimat von Teitur Lassen und Eivør Palsdóttir. Beide sind 'typisch' nordische Interpreten: Teitur ist ein gradliniger Songwriter, Eivør ist fest in der nordischen Mythologie verwurzelt, findet von dort aus aber regelmäßig den Weg zu Triphop und Jazz.

Nun also Dánjal, Jahrgang 1979, ältester Sohn einer der einflussreichsten und beliebtesten Politikerinnen der Färöer, der sozialdemokratischen Ministerin Helena Dam á Neystabø. Seine Musik in Worte zu fassen, fällt schwer, denn kaum hat man sich für eine Formulierung entschieden, hat er Tempo, Klang und Rhythmus schon wieder gewechselt - besser: eine Kehrtwendung vollzogen, als wolle er alles bereits Gesagte Lügen strafen. Beginnen wir also von vorn.

Dánjal á Neystabø stammt von den Färöer-Inseln. Wie Generationen von Seefahrern vor ihm zog es ihn jedoch schon im Jugendalter in die Welt. In Seattle besuchte er die High School. In Schweden ließ er sich zum Jazzpianisten ausbilden. Während eines Austauschsemesters in Groningen lebte er mit bulgarischen Roma in einem besetzten Haus, in Gambia begleitete er einen Straßenmusiker. Zu seinen "myspace"-Freunden zählen Leonard Cohen, Neil Young, Tom Waits und Kaizers Orchestra. Seine Musik, so klingt "The Palace", ist von ihnen allen beeinflusst, und vermutlich von einer ganzen Menge Hochprozentigem.

Wie eine grellbunte Kirmesrevue geht es auf "The Palace" zu. Versoffene Biertischchöre, schluchzende Geigen, wüste Polka-Orgien, filigraner Klezmer, betrunkener Tango (sogar Titel eines Songs), Kaffeehausmusik mit einem elegant aufspielenden Streichquartett (The Athene Quartet), scheppernder Balkan Brass - alles findet in rasantem Wechsel seinen Platz. Ebenso atemlos wechseln die Inhalte dieser verrückten Kompositionen: Eben noch wird in wahnwitziger Sinnlosigkeit ein überdrehter Song gespielt, der nur einem Wort besteht: "Hep", schon folgt ein Titel, in dem Dánjal in trockener Ironie über die Heilsverkündungen der Demokratie sinniert: "Let's find ourselves an enemy, and beat them up with democracy ..."

"Ompa till du dør" ('Humpa' bis du umfällst), hieß das vor wenigen Jahren bei Norwegens Polgo-Polka-Punkband Kaizers Orchestra - und so ähnlich stellt sich wohl auch Dánjal die ultimative Party vor.

Nur: Er kann eben auch ganz anders, und so gibt es zum Ausklang das kammermusikalische, elegisch-schöne "Longsul" des Streichquartetts "Athene". Und hier blitzt sie dann doch durch: die majestätische, erhabene und unnahbare Schönheit der Felseninseln im Nordatlantik.

© Michael Frost, 05.04.2010


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