Vor sechs Jahren, als wir dieses senegalesische Hiphop-Kollektiv erstmals vorstellten, hieß das Trio noch "Daara J". Inzwischen hat sich das Projekt zur "Daara J Family" ausgeweitet, und das bezieht sich vor allem auch auf den musikalischen Kontext. Damals brachte die Band die in den USA entstandene Hiphop-Kultur nach Afrika, dorthin also, wo die Wurzeln der afroamerikanischen Musikkultur liegen - und mit "School of Life" bringen sie ihn nun gewissermaßen zurück.
Zur Familie gehört jetzt nicht mehr nur der Hiphop, sondern nochmals deutlichere afrikanische Einflüsse (etwa der eindringliche Chorgesang, mit dem "School of Life" eröffnet wird), außerdem Reggae ("Children") und immer wieder verschiedene Spielarten afroamerikanischer Musik zwischen Soul, Funk und Blues.
Faada Freddy und N'Dongo D, die beiden Gründungsmitglieder der Daara J-Family (die beiden arbeiten bereits seit 1994 zusammen), verknüpfen aber nicht nur musikalische Stile, sondern auch Orte: Dakar, Paris, New York und Kingston gehören zu den festen Koordinaten auf "School of Live", entsprechend vielsprachig sind Gesang und Rap, wobei sie thematisch fest auf afrikanischem Boden bleiben, wobei sie sich als unbeirrbare Optimisten outen und auch ihre Fans dazu auffordern, sich einen positiven Geist zu bewahren - und allen Versuchen der Einschüchterung, Entrechtung und des Brechens des eigenen Willens zu widerstehen: "Reste toi-même surtout // ne les laisse pas te changer ...".
Im Titelsong wird die Geschichte von 400 Jahren Versklavung nachgezeichnet, während "Children" ein Appell dafür ist, den Kindern in Afrika eine Zukunft jenseits von Armut und Kriegen zu garantieren und "Oh why" mit einfachen, fast naiv wirkenden Worten den Irrsinn weltpolitischer Entwicklungen nachzeichnet: "Weapons of mass destruction plaguing this planet at random ..."
Die Themen der Daara J Family liegen praktisch auf der Straße - sowohl in Dakar als auch in Paris, New York und Kingston, und die Art ihrer Verarbeitung ist so unendlich viel überzeugender und intelligenter als das, was beispielsweise der deutsche Hiphop/Reggae mit seinem künstlichen Underdog-Habitus zu bieten hat.
So ist die Daara J Family ein eindrucksvoller Beweis für eine beeindruckende Weiterentwicklung der afrikanischen Musik, die nicht mehr Folklore sein will, sondern mit großem Selbstbewusstsein und in der internationalen Musikszene mitmischt. Die Kombination aus mitreißendem Rhythmusgefühl, intelligenten Texten und raffinierten Songideen dürfte den Ruhm der Daara J Family dabei weiter mehren!
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Michael Frost, 19. Juni 2010