"Guarda la luna, la bella luna", ruft der alte Mann im Angesicht des Vollmonds aus, um gleich darauf gemeinsam mit seinen Hunden ein sehnsüchtiges Jaulen anzustimmen.
Die Szene aus der lebensweisen Tragikomödie "Mondsüchtig" (Hauptrollen: Cher, Olympia Dukakis, Nicolas Cage) ist nur ein Beispiel für das Seltsame, das uns zu Vollmond widerfährt. Wissenschaftlich hartnäckig bestritten, im Alltag jedoch millionenfach erlebt: Die Mondphasen beeinflussen unser Leben - auch wenn wir nicht zu denen gehören, die ausschließlich bei Neumond gezapftes Quellwasser zu uns nehmen oder unser Gartengemüse säen. Nicht nur Küstenbewohner mit Blick auf die Gezeiten wissen, wovon die Rede ist.
Nicht von ungefähr also hat der Mond Eingang in alle Kulturen gefunden. Elke Reiff (Gesang) und Thomas Rückert (Klavier) haben einige zeitgenössische "Mond"-Gesänge zusammengetragen. Angesichts des unüberschaubaren Fundus von Liedern haben sie sich schließlich für angloamerikanisches Repertoire entschieden - nach dem Auftakt, der einem deutschsprachigen Klassiker vorbehalten bleibt: "Der Mond ist aufgegangen". Anschließend folgen All-Time-Favourites wie "Moonlight in Vermont", "Moon river", "Moonlight serenade", "Moon and sand", amerikanische Standards des 20. Jahrhunderts, die immer wieder von Sängern, Instrumentalisten oder ganzen Orchestern gespielt wurden.
"Corona", so der Name des Duo-Projekts von Elke Reiff und Thomas Rückert, fängt die Stimmung einer vom Mondlicht erhellten Nacht ein. Schlafen mag man nicht, also lauscht man den unaufgeregten Pianoläufen, träumt sich mit ihnen aus der Wirklichkeit, verliert sich in den verspielteren, jazzigen Passagen ("Old devil moon"), lässt sich von Reiffs Gesang umgarnen, der meist leise und introspektiv klingt, als wolle er die Nachtruhe nicht stören ("Eclipse"), dann aber kräftiges Soul-Timbre erkennen lässt ("Blue moon") - und dabei durchaus Humor zeigt. Denn wer über den Mond spricht, muss das Weltall mitdenken, und so wählte Corona ausgerechnet das exaltierte Star Trek-Thema für eine augenzwinkernde Hommage.
Mit einem Album, das mit so viel Hingabe, Witz, Spielfreude und leiser Ironie den Mond ansingt, dem möchte man gern einmal die Nacht durchmachen und entrückt ausrufen: "Guarda la luna, la bella luna!" - selbst dann, wenn Reiff/Rückert am Ende ihr eigenes Programm entzaubern: "It's only a paper moon".
©
Michael Frost, 08.02.2009