"Mio
chitarrista, mio violinista ..." - "Mein Gitarrist,
mein Violinist ..." - Paolo Conte lässt auf der Bühne
nie einen Zweifel daran, wer die Fäden in der Hand hält.
Herr im Haus bleibt immer er selbst, mit seinem - oft ein Dutzend
Musiker umfassenden - Orchester, erlesen und brilliant, jeder einzelne
rechtfertigte den Konzertbesuch, jede seiner Sängerinnen
wirkt im ihr zugewiesenen Background hörbar unterfordert. Hochkarätig
besetzt bis in die Nebenrollen, würde man in einer Filmkritik
schreiben, und genauso gilt es für die Studioeinspielungen und
Tourneen von Paolo Conte.
Paolo
Conte, der Perfektionist. Auf 1800 Zeichnungen präsentierte er
im November 2000 seine im Paris der 1920er Jahre angesiedelte Jazz-Revue
"Razmataz". Dreißig Jahre hatte er die Idee für
dieses Projekt mit sich herumgetragen und dafür zuletzt auf die
Einspielung neuer Studioalben verzichtet: neun Jahre liegen zwischen
dem gerade erschienenen Album "Elegia" und "Una faccia
in prestito" (1995). Nicht eben wenige Künstler wären
darüber in Vergessenheit geraten.
Doch
Paolo Contes Karriere währt bereits an die vierzig Jahre. Damals
betätigte er sich zunächst als Autor für andere Interpreten
(u.a. "Azzurro" für Adriano Celentano). 1974, vor genau
dreißig Jahren, veröffentlichte er seine erste eigene Schallplatte.
Einen
deutlichen, radikalen Wandel hat sein Sound seither nicht erfahren.
Geduldig, aber mit stets erkennbarem Ziel nutzte Paolo Conte die Jahre,
seine Visionen reifen zu lassen, und jedes neue Werk markierte eine
weitere Etappe des Weges. Mit "Elegia" schließlich
nimmt er eine weitere Stufe.
Fast
schon klassische Züge trägt dieses neue Album, das gegenüber
vorigen Produktionen zurückhaltender und reduzierter wirkt, obgleich
die Liste seiner ihn begleitenden Musiker gegenüber "Una
faccia in prestito" fast unverändert blieb. Nur selten ("Sandwich
man", "La nostalgia del Mocambo") erlaubt Conte seinen
Begleitern einen Temperamentausbruch; Melancholie und Introspektive
sind die vorherrschenden Elemente. Es ist nicht mehr die Gesamtleistung
seiner Bigband, die Klang und Tempo bestimmt, auf "Elegia"
stechen die filigranen Intermezzi der Solisten hervor; Massimo Pitzianti
(Klarinette, Bandoneon), Claudio Chiara (Saxophon), Jino Touche (Bass),
Andrea Agostinelli (Cello) und viele weitere - und selbstredend der
Maestro selbst am Flügel.
Man
sieht ihn förmlich vor sich, abwesend und selbstvergessen, immer
tiefer in die Tasten seines Klaviers versinkend, das Instrument, mit
dem er fest verwachsen scheint und mit dem er eine fast intime Zwiesprache
hält. Dann und wann hebt er dann die Hand, als Zeichen kurzzeitiger
Rückkehr aus der Magie seiner Zwischenwelt, doch nur,
um sich der Gegenwart seiner Begleiter zu versichern: "Mio
chitarrista, mio bassista ...".
Paolo
Conte: Elegia
(Atlantic/ Warner 5050467575929)
© Michael Frost, 27. November 2004