vorschau  GERALD CLAYTON
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Die eigene
Stimme finden

 

Schon die ersten Töne verführen zum Mitswingen, mindestens zum Fingerschnipsen. Gerald Clayton am Piano, Joe Sanders am Bass und Justin Brown an den Drums zeigen im Eingangsstück ihres Debüt-Albums, in „Boogablues“, wie unverfroren locker sie die heilige Tradition des Jazz aufrufen, um sie in ganz gegenwärtige Schwingungen zu versetzen.

„two-shade“ – so der Titel des Albums – meint nicht nur zwei Seiten oder zwei Musikstile, two-shade meint eine einzige und einzigartige Farbe, die dann entsteht, wenn zwei Seiten, zwei Farben, wenn schwarz und weiß, wenn Amerika und Europa zusammen kommen.

Gerald Clayton, 1984 in Utrecht geboren, ist der Sohn des legendären amerikanischen Bassisten John Clayton, der zeitweilig in den Niederlanden lebte, wo er als 1. Bassist des Philharmonischen Orchesters Amsterdam wirkte. Nach Los Angeles zurückgekehrt, nahm Gerald im Alter von 6 Jahren ein klassisches Klavierstudium auf, um später in Kalifornien und New York Jazz zu studieren.

Wie sein Vater, der als Instrumentalist, Dirigent und Komponist zwischen Jazz und klassischer Musik pendelt, so bewegt sich Gerald Clayton mit seinem New Yorker Trio zwischen mehreren musikalischen Sprachen. Sein Pianospiel zeugt von unbändiger Lust am eleganten Parlieren. Als klassisch geschulter Musiker nimmt er allerdings die kleinsten Phrasen innerhalb rasanter Läufe genauso ernst wie die getragene elegische Melodie.

Sein Klang ist leicht und warm, seine raffinierten Rhythmuswechsel, seine Liebe zu komplexen Verdichtungen, die schließlich wieder in einfachsten Liedformen enden kann, machen ihn zum Meister einer sophistication, die schon längst vergessen schien. Der 25-jährige muss sich inzwischen Vergleiche mit Oscar Peterson und Bill Evans gefallen lassen, was Dynamik und leise Melancholie seines Spiels angeht, aber vielleicht liegt ein anderer Meister des Pianos viel näher: Kenny Barron war einer seiner Lehrer in New York, und Gerald Claytons Song „Sunny Day Go“ erinnert in seiner berührenden Einfachheit an Barrons große Liebe zu eingängigen, starken Melodien.

Sein Lehrer verkörpert ebenfalls das, was Clayton mit „two-shade“ zum Ausdruck bringt: Unterschiedliche musikalische Traditionen werden miteinander verschmolzen. Gerald Clayton beruft sich auf Cole Porter und Dizzy Gillespie, auf den Meister der Broadway-Melodie („All of me“) und den Gründer-Vater des Bebop („Con Alma“). Zwei Evergreens der Jazz-Geschichte dürfen hier für sich selber sprechen, so zurückhaltend bescheiden spielt der Pianist mit seinem musikalischen Material.

Er habe „von klein auf eine Menge unterschiedlicher Stile gehört“, sagt Gerald Clayton. „Ich versuche meine eigene Stimme zu finden, indem ich all diese Kräfte zu einem harmonischen Ganzen bündele.“ Das Album „two-shade“ ist ein großer Wurf.

 

© Hans Happel, 01.11.2009


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