Die
"Mbira" ist ein traditionelles Instrument aus Ostafrika, das
vor allem in der Musik Zimbabwes Verwendung findet. Das so genannte
"Daumenklavier" wird gewöhnlich von einem Mann gespielt,
weshalb es einer mittleren Revolte gleichkam, als sich Stelle Chiweshe
Mitte der 60er Jahre des Instruments bemächtigte um damit bei Familienfeiern
und Parties aufzutreten.
Die
Vorbehalte kamen nicht nur aus dem eigenen Volk: die Kirche hatte
das gesamte Instrument zum "Teufelswerk" erklärt, und
auch den britischen Kolonialherren war es als Ausdruck einer eigenen
kulturellen Identität der Shona suspekt.
Die
historischen Details verdeutlichen, welch steinigen Weg Stella Chiweshe
zurückgelegt haben muss, um heute die Anerkennung zu erfahren,
die ihr anfangs versagt wurde: Sieben internationale Alben nahm sie
auf, die Universität von Harare verlieh ihr den Titel "Master
of Art", und sowieso ist ihr Mbira-Spiel weit mehr als nur Musik,
sondern Bestandteil der traditionellen Heilkunst der Shona. Die Mbira
dient dazu, mit den Geistern ihres Volkes in Kontakt zu treten.
So
überrascht es kaum, dass die Mbira benutzt wird, um tranceartige
Zustände zu erreichen. Stella Chiweshe präsentiert diese
spezielle Tradition jetzt auf der ersten Hälfte einer Doppel-CD:
"Double check" lautet der Titel, mit dem ihr deutsches Plattenlabel
Piranha zugleich seine 100. Veröffentlichung feiert.
Mit
"Double check", die neben den "Trance Hits" eine
weitere CD mit einigen der erfolgreichsten Songs von Stella Chiweshe
aus den letzten zwanzig Jahren enthält ("Classic Hits"),
verneigen sich die Piranha-Macher vor einer ihrer schillerndsten Künstlerinnen.
Zugleich war Stella Chiweshe 1987 die erste Musikerin, die ein Album
bei Piranha veröffentlichte.
Die
Hommage zeigt nun die "beiden Seiten von Zimbabwes Mbira-Königin",
wie die CD im Untertitel heißt. Und tatsächlich liegen
zwischen den Trance-Songs und ihren "klassischen" Aufnahmen
Welten: hier die hypnotischen, streng ritualisierten Trance-Rhythmen,
dort spielerische Vielfalt, überschäumende Lebendigkeit
und Freude: die "Classic Hits" bieten afrikanische Tanzmusik
der Extraklasse. Die Fähigkeit zu heilen besitzen zweifelsohne
auch diese ausgelassenen Songs, und darüber hinaus vertreiben
sie die Schwermut des europäischen Winters.
©
Michael Frost, 10.03.2006