Es
klingt wie ein Gruß aus den späten 60-er Jahren, als würden
sich die Recken der britischen Beat-Ära noch einmal zusammensetzen
um wehmütig ihre alten Songs in die Mikrophone zu hauchen. Ja,
ihre Musik schrummelt angenehm sanft dahin, und sobald die ersten
Akkorde von Anna Julia erklingen, ist schlagartig klar, wer hier die
Gitarre spielt: Das ist unverkennbar George Harrison, dessen unverwechselbarer
Gitarrenklang - ein letzter Gruß - zum Echo der frühen
Beatles-Tage wird und der Vokalschluß des kleinen Liedes ist
ein Zitat, so - wau-wau-aahh - haben es John-Paul-George doch häufig
genug gemacht.
Jim
Capaldi heißt der friendly old man aus jenen fernen Zeiten,
der 1967 mit dem 19-jährigen Steve Winwood zusammen die legendäre
Band Traffic gegründet hat und gemeinsam mit Winwood ihr Hauskomponist
wurde. Jetzt lebt der Brite in Köln, und dort hat er sich monatelang
Zeit genommen, um mit Hilfe einiger Freunde, unter ihnen Winwood und
Harrison, eine neue Scheibe aufzunehmen. Die Musik, die sie machen,
kommt direkt und straight daher, sozusagen "unplugged".
Sie
ist nicht innovativ, Capaldi ist kein Rebell, und er folgt keiner
Mode, er (ver)setzt sich und die Seinen zurück in die Musik seiner
Jugendjahre, er zitiert die klassischen Muster, die sanften, soulig
angehauchten Melodien, die langsam-trägen Rhythmen, so gelassen
wie einer, der alles hinter sich hat, bis auf die Lust, ein wenig
zusammen zu sein, um gemeinsam Musik zu machen. Muß man in den
50-ern sein wie Capaldi, um diesen lässigen musikalischen Fluß
genießen zu können?
LIVING
ON THE OUTSIDE ist der schöne Titel der Scheibe, der - noch einmal
- die alten Tage verklärt. Wo trafen sie sich damals? Vielleicht
im Cavern in Liverpool oder im Elbow Room in Birmingham, und etwas
verführerisch Süßes lag in der Luft und in den Songs
wie hier besonders in Heart Of Stone, in dem Gary Moore (zeitweilig
bei Thin Lizzy) die bluesige Gitarre spielt und Deep-Purple-Drummer
Ian Paice am Schlagzeug groovt.
Capaldi
und seine Kumpel machen Musik für stille Sonntagnachmittage,
Musik alter Männer, denen das Herz auf dem rechten Fleck sitzt,
die den Blues der frühen Beatmusik in den Fingerspitzen haben
und die sich nicht scheuen, mit gequetschter Stimme angenehme Schmachtfetzen
aus den alten Farben zu zaubern.
Love
You Til The Day I Die ist so ein Song, selbstgenügsam wie
ein uralter, längst vertrauter Ohrwurm (mit der Basistruppe Chris
Patten (Organ), Mick Dolan (Guitar)), alles irgendwo schon mal gehört,
aber ein Charme und ein Schmelz, der nur von den Alten kommen kann,
die sich entschieden haben, nicht mehr inside zu sein, creeping
down the alley, searching through the trash, nicht mehr in der
ugley scene von Valentino and Versace auf dem Laufenden zu
sein, sondern on the outside zu leben, wie der starke Titelsong
sagt, denn: The Outside It Dont Bother Me.
"Jim
Capaldi: Living on the outside" ist eine Gast-Kritik
von Hans Happel (Januar 2002). Was du wissen solltest, wenn du uns
auch eine Gast-Kritik senden willst, erfährst du hier.