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Latin Classic

 

Wenn es so etwas gibt wie "Latin Classic", dann ist Yuri Buenaventura wohl einer der überzeugendsten Vertreter dieses Genres. Der Sound des in Paris lebenden Kolumbianers ist einerseits deutlich vom temperamentvollen Pulsschlag Südamerikas geprägt, andererseits jedoch deutlich zurückgenommen, kultiviert und elegant - dem schönen Klang verpflichtet. Dabei ist der Sänger durchaus als innovativer Kopf bekannt: In seiner französischen Wahlheimat knüpfte er Kontakte zum algerisch-stämmigen Raï-Star Rachid Taha, mit dem er gemeinsam auf der Bühne stand, er coverte Mano Negra ("La mala vida") und Jacques Brel ("Ne me quitte pas").

Die Fokussierung auf den klassischen Latin-Sound ist nun wohl der Tatsache geschuldet, das Buenaventura das Album (es ist bereits sein fünftes) erstmals nicht nur in Bógota, sondern auch auf Kuba aufnahm. Dort wird er die erhabene, gelassene Souveränität des Buena Vista Social Club geatmet haben, die er gleich mit dem Eröffnungssong "La hamaca de la noche" versprüht.

Im Verlauf von "Cita con la luz" zeigt Buenaventura dann jedoch eine große Bandbreite nicht nur lateinamerikanischer Sounds. Mit Co-Sängerin Morley gibt er ein zweisprachiges (spanisch/englisch) Duett (Caminanos), in dem wogenden Bolero "No lo puedo recordar" erklingt ein kraftvoller Backgroundchor. So hat jeder Song seinen eigenen Schwerpunkt, oft ausgedrückt durch seine Duettpartnerinnen (u.a. die jungen Neochanson-Sängerinnen Berry und Olivia Ruiz).

Vom ursprünglichen Albumkonzept weicht Buenaventura stilistisch nur einmal ab, dann allerdings mit großer Deutlichkeit: Mit dem aus dem Kongo stammenden, aber in Belgien aufgewachsenen Rapper Baloji versucht Buenaventura sich in einer Art Latin-Hiphop. "No pasa nada" (zweisprachig spanisch/französisch) ist den namenlosen "Betancourts" gewidmet, also den unzähligen Menschen, die das gleiche Schicksal erlitten wie die Präsidentschaftskandidatin der kolumbianischen Grünen. Sechs Jahre lang verbrachte Ingrid Betancourt in der Gewalt ihrer Entführer, bevor sie 2008 befreit werden konnte.

Dennoch: "No pasa nada" ist in musikalischer Hinsicht der einzige Ausflug Buenaventuras in die Moderne, sämtliche übrigen Songs versprühen den eleganten Retro-Charme von Salsa, Mambo, Beguine und Són: Latin Classic.

 

© Michael Frost, 29.08.2009


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