Kari Bremnes ist eine sichere Bank. Ihre Musik passt zu jeder Gelegenheit, sie verheißt Geschmack, ohne geschmäcklerisch zu sein, sie schmeichelt sich sanft ins Ohr, ohne sich anzubiedern. Man meint, jedes Wort zu verstehen, obwohl man Norwegisch nicht versteht.
Die Eleganz der Sängerin, die auf den Lofoten aufwuchs, inspirierte die Zeitschrift "Brigitte" im vergangenen Jahr sogar zu einem Modethema. Eingeleitet von der textlichen Hommage eines Redakteurs zeigt die mehrseitige Reportage Kari Bremnes in nordischer Landschaft in ebensolcher Kleidung: natürliche Stoffe, schlichte Linien, ohne Effekt heischende Muster, klare Eleganz.
In ebenso beständiger Qualität ist ihr auch "Ly", inzwischen das sechzehnte (!) Album, gelungen. "Ly" bedeutet Schutz, doch der Wortstamm erinnert ebenso an "lys" (Licht) oder "lykke" (Glück), eine von Kari Bremnes vielleicht nicht beabsichtigte, aber auf das Album durchaus zutreffende Assoziation.
Mit ihrer vierköpfigen Begleitband, mit der sie regelmäßig auch auf Tour geht, spielte Kari Bremnes die elf neuen Lieder, allesamt von ihr komponiert und getextet, ein. Einen zusätzlichen Part spielt Jazz-Trompeter Arve Henriksen: Seine Soli veredeln die atmosphärischen Balladen, die leisen Rhythmen und die strahlend klare Stimme der Sängerin.
So ist "Ly", wie schon seine vielen Vorgänger, ein erhabenes, reifes Kunstwerk aus Folk, Pop und Jazz - und in der zeitlosen Beständigkeit von Melodien, Texten und Arrangements bietet Kari Bremnes gewissermaßen Schutz, Licht und Glück im Dunkel der immer kürzeren Halbwertszeit aktueller Chartmusik.
"Ly", das ist Popmusik für Erwachsene - und alle, die es werden wollen.
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Michael Frost, 23.05.2009