Die
"Brazilectro"-Serie geht in die dritte Runde: Im Dezember
erschien "The fall/winter edition" als Doppel-CD mit einer
großen Auswahl aktueller brasilianischer Sounds und Beats.
Das
Doppelalbum präsentiert - der Jahreszeit angemessen - vor allem
ruhige Samba- und Bossa-Rhythmen, aber auch einige der typisch lebensfrohen
und Energie geladenen Rhythmen, wie sie auf den beiden Vorgänger-Alben
zu hören waren.
Inwieweit
"Brazilectro 3" einen repräsentativen Querschnitt der
aktuellen Szene Brasiliens darstellt, bleibt allerdings dahin gestellt.
Darin liegt aber wohl auch nicht der Anspruch der Serie, der in Wirklichkeit
eher in der Lieferung unkomplizierter und cooler Soundtracks für
die "Lounge" besteht.
Vieles
klingt folglich sehr auf ecken- und kantenlose Hintergrundmusik getrimmt,
die nicht wehtut, sondern vielmehr eine Art brasilianischer Variante
des Easy Listening darstellt, die manchmal etwas banal daherkommt
und - für Brasilien sonst völlig untypisch - überraschend
emotionslos (andere nennen es "cool" ...) - und über
weite Strecken auch gar nicht so besonders neu klingt, sondern eher
wie hilflose Kopien der Altmeister des Bossa und ihres legendären
"Girl of Ipanema".
Die
"Brazilectro"-Serie hat es bisher erfolgreich verstanden,
vom aktuellen Brasilien-Trend zu profitieren und ihn mit den ersten
beiden Veröffentlichungen weiter anzuheizen. Die neue Ausgabe
bleibt aber hinter den Erwartungen zurück, weil sie der Mega-Entdeckung
2001 Bebel Gilberto und ihren modernen Bossanova-Versionen, die sie
anschließend selbst nochmals in elektronisch verstärkten
Remix-Versionen veröffentlichte, nicht das Wasser reichen können.
Im Gegensatz zu Bebel Gilberto gelingt es dieser Compilation insgesamt
kaum, den wirklichen Zugewinn der Fusion aus akustischen Rhythmen
und elektronisch generierten Klängen zu verdeutlichen.
Genau
genommen hat die internationale Szene von David Byrne über Sting
und Cesaria Evora bis George Michael bereits Mitte der 90er mit der
Compilation "Red Hot + Rio" alles getan, was zur Elektronifizierung
des Bossanova nötig war, und so lange Altmeister wie Joao Gilberto
noch in der Lage sind, sensationelle Alben wie sein "Voz e violao"
abzuliefern, hat es der Nachwuchs allemal besonders schwer.
A.
Gris, 5. Januar 2002