Wenn
Björk ein Remix-Album veröffentlicht, dann ist das - klare
Sache - kein Remix-Album im klassischen Sinn. Schließlich ist
Björks Motto, alles anders zu machen. Das gilt selbstredend auch
für ihre Beteiligung an Charity-Projekten. Wo andere Künstler
einzelne Songs für eilig zusammengezimmerte Compilations stiften,
die sie in den Dienst der guten Sache stellen, da verbindet Björk
das Nützliche mit dem Künstlerischen.
In
diesem Fall schickte sie via Internet eine Nachricht in die Welt,
in der sie Fans, Musiker und sonstige Interessierte bat, ihr Remix-
und Coverversionen ihres Songs "Army of me" zu senden. Eine
Auswahl der Einsendungen würde sie auf einer CD veröffentlichen,
deren Erlös den Opfern der Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean
zugute kommen sollten.
Ihr
Aufruf, so beschreibt es Björk selbst, habe eine positive Tsunami-Welle
ausgelöst: "Durch die kreativen Kräfte der Natur wurde
meine Website überflutet". Denn innerhalb nur weniger Tage
erhielt sie über sechshundert Beiträge aus aller Welt, die
sie gemeinsam mit Graham Massey sichtete. Massey war bereits 1995
Koproduzent der Originalversion und hatte auch selbst schon einen
Remix des Songs abgelieferte, der, übrigens neben einem Remix
von Skunk Anansie, auf der Single-Auskopplung erschienen war.
Doch
diese Fassungen sind geradezu unscheinbar gegenüber dem, was
Björk nunmehr auf dem Album "Remixes and Covers of 'Army
of me'" veröffentlichte. Die Fassungen reichen von Progressive
(schräg: The liquit riot mix), Hardrock-Versionen (vorhersehbar:
Interzone, Hemp, Random) über den Bossanova-Retro-Style des französischen
"Nouvelle Vague"-Projekts (charmant: Grisbi), einer Solo-Akkordeon-Performance
(wahnsinnig: Martin White) und einem A-capella-Intermezzo (klaustrophob:
Baker mix) bis zu einem Remix, den der Brite Patrick Wolf seinem Idol
Klaus Nomi widmete (apokalyptisch: "Army of Klaus Remix").
Den
Dänen von Atoi gelingt sogar das Kunststück, die Stimmung
späterer Kompositionen Björks, etwa ihres "Vespertine"-Albums,
auf die Vorlage zu übertragen. Ihr Beitrag ragt auch gesanglich
heraus.
Nicht
unerwähnt bleiben darf auch die Arbeit des Griechen Mikhail Karikis.
Der nämlich empfiehlt sich auch für künftige Remix-Vorhaben
der Isländerin mit einer sakralen Symphonie (sensationell: "'Once
more' in c-minor").
Die
einzige Gemeinsamkeit der neuen Fassungen besteht darin, dass sie
mit dem Original überhaupt keine Gemeinsamkeit mehr haben. Die
wenigsten Covers übernahmen Instrumental- oder Gesangsamples,
die auf Björks Urheberschaft verweisen würden (lediglich
der Bersarinplatz Mix zitiert das Original).
Von
Björk selbst - und ihrer kongenialen Harfenistin Zeena Parkins
- könnte unter Umständen noch die britisch-irisch-deutsche
Koproduktion "Lunamoth" stammen, doch die Varietäten
der Beiträge sind insgesamt so breit gestreut, dass sich oft
noch nicht einmal erkennen lässt, dass hier zwanzigfach hintereinander
der selbe Song interpretiert wird.
©
Michael Frost, 15. Mai 2005
Umfassende
Informationen zu allen Remix-Fassungen gibt es auf einer Sonderseite
der offiziellen Björk-Website.