Was
passiert, wenn man einem Oldie, den die Eltern vielleicht ganz angesagt
fanden, den Staub von gestern herunterbläst, einfach ein paar "hippe"
Beats unter die bewährten Songs mischt und sie dann als neu verkauft?
Diese Frage muss man sich bei Shirley Basseys "Diamonds Are Forever:
The Remix Album" unweigerlich stellen.
Ein
Projekt wie dieses kann entweder Kult werden - oder sehr peinlich.
Im Falle von Dame Shirley Bassey, der Lady mit dem James-Bond-007-Goldfinger-Song,
war das Aufwärmen nicht ganz so giftig wie das einer Pilzsuppe und
sorgte immerhin in der Musikszene für Gesprächsstoff - und das selbst
bei jenen, die die Sängerin eigentlich nur aus dem Propellerheads-Video
"History Repeating" bei MTV kannten.
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Alben hat die heute rüstige Rentnerin innerhalb von 30 Jahren veröffentlicht,
und damit zählt sie wohl zu Englands erfolgreichsten und fleißigsten
Musik-Stars. Ihr neuester Coup ist ein Remix-Album, mit dem sie in
keine ganz unerwartete Kerbe schlägt. Immerhin produzierte Miss Bassey
ja schon Ende der 80er einen Song mit Yello und gab sich auch sonst
gern jung und modern. Da war es nur konsequent, ein Album herauszubringen,
auf dem sämtliche jemals erschienenen Hits der Grand Dame - von namhaften
Musikern abgemischt - wieder einmal zu hören sind.
Außerdem
erstrahlt so die eine Seite der Vertragsparteien in neuem Glanze,
während die andere kostenloses Remix-Material bekommt. Wie man sich
allerdings vorstellen kann, ist es nicht unbedingt einfach, die Diskrepanz
zwischen einem 40 Jahre alten Original-Bassey-Song und modernen Rhythmen
einfach so wegzumixen.
Hin
und wieder wirken einige Stücke recht lieblos zusammengeschraubt -
hier ein bisschen Beat, dann den Refrain abwarten, und weiter geht´s
mit Samples, bis der Track endlich zu Ende ist. Der Titelsong des
Albums, "Diamonds Are Forever", wird z. B. von Mantronik mehr zum
Klanghorror als zum Musikvergnügen gemacht. Ebenso wurden Kenny Dopes
Remix von "Light My Fire" oder Nightmares On Wax´ "Easy Thing To Do"
eher mit dem "Arrgh!"-Faktor versehen. Statt also die phänomenale
Stimmgewalt Shirley Basseys, die neben ihrer mondänen und glamourösen
Erscheinung eindeutig ihr Markenzeichen ist, zu untermalen, wird sie
zerstört.
Doch
nicht alles auf dem Remix-Album ist misslungen oder dem Hörgenuss
abträglich. Wieder einmal sind es die Propellerheads, denen die Symbiose
zwischen Vergangenheit und Gegenwart nahezu perfekt gelingt. Was das
Duo aus dem Klassiker "Goldfinger" gezaubert hat, grenzt an ein Wunder.
Jazz-, Big-Band- und Filmmusik-Nostalgie haben selten so gut mit innovativer
Sample-Technik harmonisiert.
Auch
Mark Brydon von Moloko oder das junge Projekt awayTEAM liefern grandiose
Werke ab. Erster mixte die Jacques-Brel-Komposition "If You Go Away"
mit melancholischen Streichern und kühlen Technobeats; zweitere versuchten
sich erfolgreich an "Where Do I Begin", dem Thema aus dem Film "Love
Story".
Alles
in allem ist "Diamonds Are Forever" also ein durchaus hörbares Album,
wenn man nicht zuviel Wert auf meisterhafte Sound-Verarbeitung legt,
sondern lieber ein bisschen in (aufgepeppten) alten Zeiten schwelgen
will und verführerischen Groove sucht.
"Shirley Bassey: Diamonds are forever / The Remix Album"
ist eine Gast-Kritik von Inga Stumpf / November 2000
Dieser Text erschien bereits in dem österreichischen Online-Magazin
evolver.at
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung durch die Autorin
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