Federico Aubele gehört nicht zu den Puristen der argentinischen Musikszene in dem Sinne, dass er Tangos und Boleros in ihrer Ursprünglichkeit bewahren möchte. Er bringt sie lieber mit zeitgemäßen Popsounds zusammen, bedient sich zusätzlich einigermaßen hemmungslos in der gesamten Bandbreite lateinamerikanischer Musik, würde sich selbst jedoch vielleicht am ehesten als Vertreter der etwas spröde als "Singer/Songwriter" bezeichneten Zunft begreifen, während andere ihn sogar als "Triphop" bezeichnen.
Auf Albumlänge verdichtet wirkt diese Musik charmant, kultiviert und elegant: Aubele erlaubt sich keine Ausreißer. Sein Gesang ist weder rau und schroff wie die der Tango-Interpreten noch laut und röhrend wie die der Latinrock-Bands, sondern leise, verträumt, einfühlsam, häufig gesäumt von einer nicht minder sanften Frauenstimme, die Arrangements sind bedachtvoll, sparsam und pointiert gesetzt, mit der spanischen Gitarre im Vordergrund - aber mit beständigen elektronischen Beats im Hintergrund.
Auf Keyboards habe er bewusst verzichtet, sagt Aubele, die Spannung solle tatsächlich in der Hauptsache aus dem Aufeinandertreffen akustischer Gitarre und Beatcomputer bezogen werden.
Mancher wird "Amatoria" als zu sanft, zu eingängig, zu weich empfinden, und einzelne Songs, etwa "Te quiro a ti" überschreiten die Grenze zum Weichgespülten tatsächlich, doch die Gesamtatmosphäre stimmt: Pop mischt sich mit Latin, Dub und Reggae zu einem runden, intimen Sound. Kollegen sind immer wieder hingerissen: Sein Europadebüt wurde von der Thievery Corporation produziert, er arbeitete mit Calexico und ging mit seiner brasilianischen Kollegin Bebel Gilberto auf Tour.
Federico Aubele ist mit seiner ebenfalls aus Argentinien stammenden Kollegin Natalia Clavier verheiratet (ihr Album "Nectar" stellten wir bereits im vergangenen Jahr vor). Ihr gehört auch eine der weiblichen Gesangsstimmen auf Aubeles Album "Amatoria" ("Este amor"). Zwei weitere Gäste sind Sabina Sciubba (Brazilian Girls) und Miho Hafori (Cibo Mato). So äußert sich die Bandbreite Aubeles hier vielleicht weniger durch die Musik als vielmehr durch die an seiner Musik Beteiligten. Und für laue Sommernächte bei klarem Sternenhimmel ist sein Sound wie geschaffen - wenn man soviel Glück ertragen kann.
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Michael Frost, 31.07.2009