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Jenseits bloßer
"Cover"-Songs


Egal, ob man Musikmagazine oder das politische Feuilleton liest, subtil abschätzige Kommentare über das Afrika-Engagement von Bob Geldof oder U2-Frontmann Bono gehören fast schon zum festen Repertoire. Befördert werden die Seitenhiebe noch durch die Tatsache, dass beide inzwischen häufiger auf politischen als auf Konzertbühnen aufzutauchen scheinen. Und neben grauen Gestalten wie denen der SPD-Bundestagsfraktion, die Bono erst kürzlich besuchte, verblasst selbst der schillerndste Popstar - wenn auch ohne eigenes Verschulden.

Bono und U2 nutzen ihre Popularität seit Jahren für einen unbeirrten Streit für die Entschuldung der ärmsten, vorwiegend in Afrika gelegenen Länder. Sie drängen die reichen Industriestaaten zur Anerkennung ihrer Verantwortung für die Armut der Anderen, und ihre Arbeit ist alles andere als erfolglos.

Wenn nun also Musiker aus zehn verschiedenen afrikanischen Staaten sich ihrerseits einem Dutzend U2-Klassiker annehmen, um mit ihren Adaptionen ein Cover-Album zu veröffentlichen, dann ist das nicht nur eine musikalische Hommage, sondern vor allem die Würdigung des politischen Engagements der drei irischen Mega-Stars.

Dabei spielten die Kulturen der Länder, deren Anliegen sie öffentlich vertreten, in der Musik von U2 niemals eine Rolle: Zu keinem Zeitpunkt waren Bono & Co. eine Ethnopop-Band. Ihr Sound war immer straight, meist Mainstream, Stadionrock.

So hätte man vielleicht niemals angenommen, was für erstaunliche Klänge man aus "Where the streets have no name", "With or without you" oder "Sunday bloody Sunday" heraushören kann - und, was man aus den Originalen, allesamt Klassiker der Popgeschichte, alles machen kann.

Angelique Kidjo, die den Reigen afrikanischer Musiker eröffnen darf, legt standesgemäß vor: "Mysterious ways" in ihrer mehrsprachigen Fassung beginnt wie ein Wiegenlied aus ihrer Heimat Benin und wird mit beschwingt-verspieltem Afro-Beat und Männerchor fortgesetzt - ein Einstand nach Maß, dem andere jedoch nicht nachstehen, etwa der Soweto Gospel Choir mit einer nur von Percussions begleiteten Version von "Pride", dessen Untertitel "In the Name of Love" auch das Motto des Albums vorgibt. Es folgen Keziah Jones mit einem funky groovenden "One", Vieux Farka Touré (Sohn des legendären Ali Farka Touré) mit einer hypnotisierenden Fassung von "Bullet in the blue sky" und viele weitere hörenswerte Aufnahmen, die man schon deshalb nicht als "Cover"-Songs bezeichnen darf, weil man das Original unter der kreativen Bearbeitung häufig erst beim zweiten oder dritten Hören erkennt.

Die Spannbreite der Bearbeitungen ist dabei vielseitig wie die Musiker selbst: Sie reicht von den in Frankreich geborenen, aber aus Kamerun stammenden Schwestern "Les Nubians" mit ihrem betont femininen Trance-Rhythmen ("With or without you" bis zur eleganten Lyrik des Angolaners Waldemar Bastos, dessen introspektive Fassung von "Love is blindness" zu einem der Höhepunkte der Compilation gehört.

So werden gehässige Feuilletonisten durch dieses Album zum Schweigen gebracht. Wessen Musik als Grundlage für solche künstlerischen Höhepunkte dient, ist sowieso über jeden Zweifel erhaben.

© Michael Frost, 14.06.2008

TRACKLIST
01. Angelique Kidjo -
Mysterious Ways
02. Soweto Gospel Choir -
Pride (In The Name Of Love)
03. Keziah Jones -
One
04. Vieux Farka Toure -
Bullet The Blue Sky
05. Ba Cissoko -
Sunday Bloody Sunday
06. Waldemar Bastos -
Love Is Blindness
07. Tony Allen -
Where The Streets Have No Name
08. African Underground All-Stars feat. Chosan Optimus & Iyeoka -
Desire
09. Sierra Leone's Refugee All-Stars -
Seconds
10. Les Nubians -
With Or Without You
11. Cheikh Lo -
I Still Haven't Found What Im Looking For
12. Vusi Mahlasela -
Sometimes You Can't Make It

 


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