Frankreich
ist ihnen längst nicht mehr genug. Immer mehr französische
Musiker drängen in die internationale Musikszene. Air, Phoenix
und Daft Punk machten es vor, Keren Ann und Francoiz Breut folgten,
und nun eine bislang unbekannte Band ein bemerkenswertes Album vor:
"Artificial Animals Riding On Neverland". Der sperrige Albumtitel
ist ein Akrostichon des Bandnamen: Aaron, bestehend aus Simon Buret
und Olivier Cousier.
Ihre
Debüt-Single "U turn (Lili)", nun auch auf dem Album
zu hören, wurde zum Überraschungserfolg, zudem richtungsweisend
für einen Bandsound, der normalerweise Bands aus dem englischen
Sprachraum vorbehalten ist: Travis, Coldplay, James, The Archive,
Radiohead, Pink Floyd, U2.
Melodiöser
Poprock, eingängig, mit einem Schuss Melancholie, als Rockset
arrangiert und um klassische Elemente erweitert, elegisch und bisweilen
ausladend instrumentiert - so lässt sich der Sound der beiden
Tüftler beschreiben, in dem man sich wunderbar verlieren kann
und der besser wird, je öfter man das Album hört.
Elektronische
Spielereien bleiben im Hintergrund, ihnen jedoch verdankt der Sound
seine kühle Modernität. "Lost Highway" heißt
einer der typischen Songs des Albums, dessen spartanische Instrumentierung
die Verlorenheit der Atmosphäre heraufbeschwört, die Sänger
Simon Buret mit nicht minder einsamer Stimme noch verstärkt:
"I miss you", untermalt von leisen Pianoläufen.
Das
alles könnte auch kitschig wirken, doch dank der ausgeklügelten
Dramaturgie der Songs, coolen Breakbeats und dissonanten Loops wird
die allzu gefällige Stimmung immer wieder gebrochen: die elektrisierende
Spannung bleibt.
Aaron
singen - für Franzosen noch immer eine kontroverse Sache - Englisch.
Doch die Sprache unterstreicht die Ambitionen der beiden, mit ihrem
internationalen Sound auch international Fuß zu fassen, und
sie machen ihre Sache so gut, dass sie sich hinter der Konkurrenz
keineswegs verstecken müssen.
Immerhin
gibt es mit "Le tunnel d'or" wenigstens einen Titel in französischer
Sprache, und wüsste man nicht um die Herkunft des viel versprechenden
Duos Buret/Coursier, man riefe überrascht und erfreut aus: Ach,
Französisch können die auch?!
©
Michael Frost, 22.09.2007