Acht
Frauen singen acht Chansons, jeweils in ihrem ganz eigenen, persönlichen
Stil. Schon während des Schreibens am Drehbuch habe er die Idee
gehabt, dass alle Darstellerinnen, an Stelle eines großen Monologs,
ein musikalisches Intermezzo haben sollten, sagt François Ozon,
der Regisseur der famosen französischen Kriminalkomödie
"8 Frauen" (8 Femmes).
Ihre
Auftritte sollten sowohl komisch als auch bewegend sein, und nach
diesem Maßstab ist der originelle Einfall ein voller Erfolg
- wie der gesamte Film. Ozon suchte nach passenden Stücken und
wurde in seiner Plattensammlung fündig: Ausgerechnet Lieder einiger
der größten Interpretinnen frankophonen Chansons überhaupt
(Dalida, Françoise Hardy, Sylvie Vartan u.a.) beförderte
er ans Tageslicht und schneiderte die Titel seiner an Prominenz kaum
zu überbietenden Schauspielerinnen-Garde, darunter Isabelle Huppert,
Fanny Ardant, Emmanuelle Beart und Catherine Deneuve, jeweils passgenau
auf den Leib.
"Ich
liebe es, ihrem Gesang zuzuhören, auch wenn ihre Technik nicht
immer perfekt ist", sagt Ozon, und tatsächlich würde
diese Kritik gänzlich anders ausfallen, wenn sich hinter dem
Projekt die Absicht ambitionierter Adaptionen mehr oder minder großer
Chanson-Klassiker handeln würden.
Doch
hier wird nur Spaß gemacht, und
der immerhin ist nicht zu überhören, wenn etwa Ludivine
Sagnier mit naiver Stimme den musikalischen Reigen der acht "Femmes
fatales" eröffnet, indem sie Sheilas luftig-leichte Pop-Nummer
"Papa t'es plus dans l'coup" aufs Parkett legt.
Isabelle
Huppert setzt mit dem traurigsten Lied des Films, "Message personnel"
(im Original von Françoise Hardy) einen Höhepunkt sowohl
im Film als auch auf der CD, obwohl sie auf Gesang fast ganz verzichtet
und statt dessen gekonnt auf die ungemein erotische Wirkung ihrer
melancholischen Sprechstimme setzt.
Auch
Virginie Ledoyen und Emmanuelle Beart treffen nicht wirklich jeden
Ton, was ihre Beiträge allerdings nur noch charmanter wirken
lässt, während Firmine Richard mit dem warmen Timbre ihrer
Stimme und einer Herz zerreißenden Interpretation von "Pour
ne pas vivre seul" die Grenzen der Tragikomik neu auszuloten
scheint.
Und
abgesehen von Danielle Darrieux, die mit Koloratur und Hingabe das
melodramatische "Il n'y a pas d'amour heureux" dahinträllert,
ist Catherine Deneuve, wie eigentlich immer, auch in stimmlicher Hinsicht
von außerordentlich beeindruckender Präsenz. Sie haucht
ihr "Toi jamais" zu lasziven Rumba-Ryhthmen: souverän,
perfekt, ganz in der Pose der klassischen Leinwandgöttin.
Um
die Deneuve allerdings in herrlich komischer Supremes-Choreographie
als Background-Sängerin bei der Einlage von Nachwuchs-Star Ludivine
Sagnier erleben zu können, führt am Film selbst kein Weg
vorbei. Auch insgesamt ist die Wirkung der Lieder umso größer,
wenn man dabei die Filmszenen wenigstens vor dem geistigen Auge Revue
passieren lassen kann. Und diese Chance sollte man sich nicht entgehen
lassen.
Michael
Frost, 20. Juli 2002